28 Eylül 2012 Cuma

Ikonoklasmus - Bilderstreit


                                                             
In den Jahren 726 und 730 erließ Kaiser Leo III. zwei Edikte – das erste zur Entfernung, das zweite zur Vernichtung aller Bilder Christi, Marias und der Heiligen. Seitdem traten sich die Ikonodulen (Bilderfreunde) und Ikonoklasten (Bilderfeinde) in wilden Verschwörungen gegenüber. Es kam zu Verhaftungen, Auspeitschungen, Kerkerstrafen, Verbannungen und sogar Morden. Malern hieb man die rechte Hand ab, weil sie durch Anfertigung von Bildern gefrevelt haben. Im Jahr 754 wurden zahlreiche Klöster säkularisiert. Der Staat verwandelte sie in Speicher, Kasernen oder Arsenale und zwang Mönche und Nonnen zur Ehe. Immer mehr vermengten sich die religiösen Anliegen mit politischen Machtkämpfen. Kaiserin Irene ließ im Jahr 797 ihren eigenen Sohn blenden. Erst 843 entschied ein Konzil zugunsten der Bilderfreunde. Eine triumphale Prozession bewegte sich am 19. Februar 843 durch die Straßen Konstantinopels zur Hagia Sophia; auch die Besiegten mussten den Umzug mit Kerzen in den Händen mitmachen. Dem Bilderstreit lagen vier gegensätzliche Überzeugungen zugrunde:

1. Bildmagie. Der gesamte Orient glaubte seit urältesten Zeiten an die Zaubermacht heiliger Bilder. Auch die Römer geleiteten das Bild des Kaisers, das sie nach seiner Thronbesteigung in die Provinzen sandten, mit Weihrauch und Kerzen an den Sitz des Höchsten Beamten; es war ihnen Lebens- träger. Weihrauch und Kuss wurden seit dem 6. Jh. auch den Bildern Christi und den Heiligen zuteil. Vor allem erwarteten die Leute aus dem Volk von den Bildern wunderbare Lebensäußerungen.
2. Bildfreude. Byzanz war ein Reich der Griechen, die immer tiefste Freude an der anschaulichen Darstellung alles Seienden hatten, angefangen bei den Meistern der archaischen Plastik über Platon bis zu der in Athen geborenen Kaiserin Irene.
3. Bildhass. Aber Byzanz beherbergte auch viele Juden und grenzte an das Reich der Araber. Jüdische, islamische und christliche Bilderfeindschaft kam aus dem Wissen um die Bildlosigkeit Gottes und aus dem Zorn um seine Vermenschlichung und Verdinglichung. Die jüdischen Anhänger des neuen Glaubens fühlten sich dem alttestamentlichen Bilderverbot verpflichtet. Auch Paulus grenzte sich entschieden gegen die kunstfrohen Griechen ab. Tertullian (160-222) war der Ansicht, der Teufel habe Bildhauer, Maler und Verfertiger von Bildnissen in die Welt gesetzt, und forderte von den zum Christentum übertretenden Künstlern den Berufswechsel.
4. Bildpädagogik. Papst Gregor I. (590-604) urteilte römisch-vernünftig, Bilder seien nützlich im Dienst der christlichen Aufklärung, besonders bei den des Lesens Unkundigen. Diese Auffassung wurde in der westlichen Kirche maßgebend. Auch Bonaventura fand im 13. Jahrhundert die Bildkunst aus drei Gründen zweckmäßig: für die Unterrichtung der Einfältigen, zur Anregung des Gefühls und als Stütze des Gedächtnisses.

Eine Allgemein angenommene Theologie des Bildes aber entwarf ein Mönch Namens Johannes; Johannes aus Damaskus (675-749).    
Johannes wandte sich entschieden gegen die Vergötzung von Bildern, als seien sie Gott oder der heilige Mensch selber. Ebenso entschieden aber betonte er den Wert heiliger Bilder, und zwar mit Hilfe der platonischen Lehre von Urbild und Abbild. Er ging dabei von der These aus, dass die dem Abbild gewidmete Verehrung auf das Urbild übergehe. Im geweihten Bild lebe wirklich die Fülle Gottes und der Heiligen – nicht in der Gleichheit des Daseins, doch in der Wesensverbundenheit mit dem Urbild. Diese Anschauung sicherte Johannes auch biblisch, sowohl im Hinblick auf das Alte wie auf das Neue Testament. Das Alte Testament berichtet, dass Gott die Welt erschaffen hat. Nun sind aber alle sichtbaren Dinge Bilder unsichtbarer Gedanken Gottes, und der Mensch ist sogar das ‘Ebenbild’ Gottes. Da Gott die sichtbaren Dinge als Abbilder unsichtbarer Urbilder ins Leben rief, hat er selber Bilder gemacht. So sollten wir uns nach seinem Willen von den sichtbaren Bildern zu den unsichtbaren Urbildern führen lassen.
Dabei ist der stoffliche Charakter der Bilder nicht anstößig. Gott hat ja auch die Materie geschaffen, und so kann sie nicht böse sein. Vor allem aber nahm er in seiner Menschwerdung selber die Stofflichkeit an und hei- ligte sie so. Wollten wir die Materie verachten, so müssten wir auch den Leib und das Blut Christi in den Gestalten von Brot und Wein verachten, nur weil sie Materie sind. Seit Christus durch die Inkarnation das anschaubare Bild des unsichtbaren Vaters wurde, verlor das Bildverbot des Alten Testamentes seine Gültigkeit. Er war lediglich aus pädagogischen Gründen er- lassen worden, um die noch unerleuchteten Juden vor dem Götzendienst zu bewahren. In Christus aber erlangte die Natur Unverweslichkeit, als er von den Toten leibhaft auferstand, und seine Auferstehung schloss die Verheißung ein, dass am Ende der Tage die ganze Natur geheiligt werde. In diesem Glauben erschien Johannes von Damaskus jedes heilige Bild als ein 
Schritt zur endgültigen Heiligung der Natur.
Doch schart sah er auch die Grenzen des Bildes: Gott der Vater, der unsichtbar und unstofflich ist, entzieht sich der bildlichen Darstellung. “Wie könnte das Gestaltlose gestaltet werden? Wie mit Farben bearbeitet, was körperlos ist?” Andererseits schreibt er den heiligen Bildern heilige Macht zu: dem Bilde eigne jene Kraft und Gnade, die der heilige besaß, als er auf Erden lebte und vom Hl. Geiste erfüllt war. Indem er dem Bilde einen gewissermaßen sakramentalen Charakter zuerkannte, rechtfertigte er die bis heute lebendig gebliebene Ikonenkunst der Ostkirche.
Johannes erreichte es schließlich, die Bilderverehrung als rechtgläubig, die Bilderfeindschaft als irrgläubig darzutun. Mit dem Hinweis darauf, dass Gott Stoff angenommen und sich in Bildern offenbart habe, fragte er den Mensche : Bist du vielleicht erhabener als Er, dass du alles Sichtbare verachtest?

Die Zehn Gebote beginnen mit dem ersten Bildnisverbot in der hebräischen Bibel:

Mose mit den Gesetzestafeln
„Und Gott redete alle diese Worte: Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!“
– Ex 20,1-5        (2. Buch Mose)
„Nehmt euch um eures Lebens willen gut in Acht! Denn eine Gestalt habt ihr an dem Tag, als der Herr am Horeb mitten aus dem Feuer zu euch sprach, nicht gesehen. Lauft nicht in euer Verderben und macht euch kein Gottesbildnis, das irgendetwas darstellt, keine Statue, kein Abbild eines männlichen oder weiblichen Wesens, kein Abbild irgendeines Tiers, das auf der Erde lebt, kein Abbild irgendeines gefiederten Vogels, der am Himmel fliegt, kein Abbild irgendeines Tiers, das am Boden kriecht, und kein Abbild irgendeines Meerestieres im Wasser unter der Erde. Wenn du die Augen zum Himmel erhebst und das ganze Himmelsheer siehst, die Sonne, den Mond und die Sterne, dann lass dich nicht verführen! Du sollst dich nicht vor ihnen niederwerfen und ihnen nicht dienen. Der Herr, dein Gott, hat sie allen anderen Völkern überall unter dem Himmel zugewiesen.“
– Dtn 4,15-19   (5. Buch Mose)
„Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgendetwas darstellt am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen.“
– Dtn 5,8-10  (5. Buch Mose)
„Und Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Kindern Israels komme und zu ihnen sage: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mich fragen werden: Was ist sein Name? – was soll ich ihnen sagen? Gott sprach zu Mose: „Ich werde sein, der ich sein werde!“[3] (hebr. אהיה אשר אהיה). Und er sprach: So sollst du zu den Kindern Israels sagen: „Ich werde sein“, der hat mich zu euch gesandt. Und weiter sprach Gott zu Mose: So sollst du zu den Kindern Israels sagen: JHWH, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt; das ist mein Name ewiglich, ja, das ist der Name, mit dem ihr an mich gedenken sollt von Geschlecht zu Geschlecht.“
– Ex 3,13-15   (2. Buch Mose)
„Bedrückt durch allzu frühe Trauer ließ ein Vater von seinem Kind, das gar schnell hinweggerafft wurde, ein Bildnis machen; so ehrte er einen toten Menschen als Gott und führte bei seinen Leuten geheime Kulte und festliche Bräuche ein. Im Lauf der Zeit verfestigte sich die frevelhafte Sitte und wurde schließlich als Gesetz befolgt; die Standbilder erhielten auf Anordnung der Herrscher göttliche Verehrung. Konnten die Menschen einen König nicht unmittelbar ehren, weil er weit weg wohnte, dann vergegenwärtigten sie den Fernen; sie machten von dem verehrten König ein Bildnis, das allen sichtbar war, um dem Abwesenden, als ob er gegenwärtig wäre, mit Eifer zu huldigen. Der Ehrgeiz des Künstlers führte dazu, dass auch jene, die den König gar nicht kannten, ihm göttliche Verehrung erwiesen. Wohl um dem Herrscher zu gefallen, bot er seine ganze Kunst auf, um ihn schöner darzustellen, als er war. Von der Anmut des Bildes hingerissen, betete die Menge den, der noch kurz zuvor nur als Mensch geehrt wurde, jetzt wie einen Gott an. Der Welt ist dies zum Verhängnis geworden: Die Menschen haben, unter dem Druck von Unglück oder Herrschermacht, Stein und Holz den Namen beigelegt, der mit niemand geteilt werden kann.“
– Weish 14,15-22    (Das Buch der Weisheit oder auch die Weisheit Salomos)

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