Die zwölf Apostel
Ein Apostel ist
im Verständnis der christlichen Tradition jemand, der von Jesus Christus direkt
als „Gesandter“ beauftragt worden ist. Von Aposteln berichtet wird in der
Bibel, insbesondere in den Evangelien und in der Apostelgeschichte.
In den Evangelien
der Bibel wird von einer Auswahl aus den Jüngern Jesu berichtet, die auch „die
zwölf Apostel“ oder kurz „die Zwölf“ genannt werden. Das Lukasevangelium und
Markusevangelium berichten übereinstimmend, dass Jesus die zwölf Jünger selbst
erwählte und als Apostel einsetzte (Lk 6,13 und Mk 3,14). Die in den Evangelien
überlieferten Namenslisten geben kein einheitliches Bild darüber ab, dass die
Gesamtzahl aller Apostel auf 12 begrenzt wäre:
Die zwölf
Apostel, die das Matthäusevangelium (10,2 ff) und das Markusevangelium (3,18
ff) jeweils aufzählen, tragen die gleichen Namen.
Das
Lukasevangelium entspricht dieser Aufzählung im Wesentlichen (6,13 ff). Statt
Thaddäus nennt es aber „Judas, Bruder des (jüngeren) Jakobus“, außerdem wird
Simon (Kanaanäus) als Zelot, also „Eiferer“, bezeichnet.
Im
Johannesevangelium existiert keine förmliche Liste der Apostel. Dort tritt
zweimal ein Nathanael auf (Johannes 1,45 ff; 21,2), der in den anderen
Evangelien nicht erscheint. Er wird zwar nicht Apostel genannt, in Johannes 21,2
befindet er sich nach der Auferstehung Jesu allerdings in ihrer Gesellschaft.
In der gleichen Episode in der Apostelgeschichte (Apg 1,13) wird an dessen
Stelle Bartholomäus aufgeführt.
Es ist historisch
umstritten, ob Jesus einen engeren, leitenden Zwölferkreis auswählte. Dass
Judas als „einer der Zwölf“ bezeichnet wird, deutet darauf hin, dass es sich
nicht um eine spätere Stilisierung des Urchristentums handelt. Die Testamente
der zwölf Patriarchen und andere Dokumente weisen auf die Bedeutung der zwölf
Stämme Israels auch zur Zeit Jesu hin. Diese sollten auf der Erde herrschen,
wenn Gott die politische Autonomie Israels wieder herstellen würde. Sollte
Jesus tatsächlich seinem Anhängerkreis eine solche Struktur gegeben haben,
unterstreicht dies nach C. H. Charlesworth seinen gewaltfreien politischen
Anspruch, der zur Zeit des jüdischen zweiten Tempels nicht von religiösen
Zielen zu trennen war.
In der Apostelgeschichte
Da Judas Iskariot
sich nach dem Verrat an Jesus selbst tötete, wurde kurz nach der Himmelfahrt
Jesu Matthias als einer der Zwölf nachgewählt (Apostelgeschichte 1,15 ff). Der
Bericht über seine Nachwahl ist besonders interessant, weil er die
Voraussetzungen nennt, die ein Mitglied der apostolischen Zwölfergruppe
spätestens zu dieser Zeit (der Abfassung der Apostelgeschichte, also ca. 80/90
n. Chr.) aufzuweisen hat:
Das muss einer
von den Männern sein, die mit uns (den anderen Zwölfen) gewesen sind in all der
Zeit, in der der Herr Jesus bei uns ein- und ausging, und zwar von der Taufe
des Johannes an bis zu dem Tage, an dem er aufgenommen wurde. Mit uns soll er
zum Zeugen seiner Auferstehung werden. (Apg 1,21-22)
Diesen
Voraussetzungen entsprach die Biografie des Apostels Paulus nicht. Er hatte
seine Begegnung mit Jesus Christus ja erst nach Pfingsten. Was den
„geschichtlichen“ Jesus anging, war Paulus auf Informationen der anderen
Apostel und Jünger sowie auf besondere Offenbarungen angewiesen. In Römer 11,13
(und öfter) nennt Paulus sich Apostel der Heiden und beschreibt damit seinen
besonderen Dienstauftrag, den er nach seinen Aussagen bereits bei seiner
Bekehrung erhalten hatte. In der Apostelgeschichte dagegen wird Paulus von
Lukas, dem Verfasser, der Titel Apostel fast komplett verweigert, auch wenn
Lukas Paulus zum erweiterten Kreis der Apostel und Ältesten zählt (z. B. Apg 15
u.ö.).
Apostel im weiteren Sinne
Hier geht es
nicht um die auserwählten Zwölf, sondern der Begriff „Apostel“ wird im
wörtlichen Sinne verwendet – Gesandter. Wichtig für diesen unterschiedlichen
Sprachgebrauch ist sicher der zeitliche Abstand zwischen den Paulus-Briefen
(verfasst ca. 45-60 n. Chr.) und den Listen der Evangelien und der
Apostelgeschichte, die nach gängiger Meinung wohl erst 66-90 n. Chr.
geschrieben wurden. Wahrscheinlich war zur Zeit des Paulus der Begriff
„Apostel“ noch nicht exklusiv für die „12 Jünger“ reserviert, sodass bei Paulus
selbst und bei den mit Paulus zusammenhängenden Bibelstellen (in der
Apostelgeschichte) die Bezeichnung „Apostel“ wesentlich großzügiger und eher im
wörtlichen Sinne gebraucht werden konnte. D. h.
In
Apostelgeschichte 14,4 und 14 werden Barnabas und Paulus als Apostel
bezeichnet. Barnabas war zuvor laut Apostelgeschichte 13,1-4 zusammen mit
Paulus zu dem Werk, zu dem sie der Herr berufen hatte, auserwählt worden.
In Römer 16,7
werden Andronikus und Junia erwähnt, die „angesehene Apostel sind“
(Einheitsübersetzung). Junia (weiblich) wird dabei von manchen als Kurzform für
Junianus (männlich) interpretiert. Die Gute Nachricht Übersetzung und die
Lutherübersetzung fassen dagegen Junia als Apostelin auf. In den Erläuterungen
zur Guten Nachricht zum Stichwort Junia heißt es: „Für eine Frau spricht auch,
daß der Frauenname Junia in der außerbiblischen antiken Literatur vielfach
belegt ist, ein Männername Junias aber bis heute nicht nachgewiesen werden
konnte. Die Ansicht, daß es sich bei der betreffenden Person um einen Mann
namens Junias handle, wird zum ersten Mal im 13. Jh. in der
lateinischsprechenden Kirche des Westens vertreten. Sie wird hier sehr schnell
Gemeingut der Ausleger und ist es bis heute geblieben, während die orthodoxen
Kirchen des Ostens immer noch an der althergebrachten Auffassung festhalten.“
In den neuesten Ausgaben der Lutherrevision steht in einer Anmerkung zur Stelle
„Wahrscheinlich lautete der Name ursprünglich (weiblich) Junia. In der alten
Kirche und noch bis ins 13. Jahrhundert wurde er als Frauenname verstanden.“
Alle Kirchenväter halten Junia für eine Apostelin. Der erste Ausleger, bei dem
der Name Junias auftaucht, ist Aegidius von Rom (1245-1316). Die Entdeckung der
Apostelin Junia geht auf eine ausführliche Untersuchung von Bernadette Brooten
zurück. Eine Kurzfassung ist zugänglich unter dem Titel „Junia … hervorragend
unter den Aposteln“ (Röm 16,7), in: Elisabeth Moltmann-Wendel (Hg.), Frauenbefreiung.
Biblische und theologische Argumente, München 1982, 148-151.
Paulus bezeichnet
Jakobus, „des Herrn Bruder“, als Apostel (Galater 1,19).
Silvanus und
Timotheus nennen sich zusammen mit Paulus „Christi Apostel“ (1. Thessalonicher
2,6 im Zusammenhang mit 1. Thessalonicher 1,1)
In Epheser 4,11
wird das Amt des Apostels zusammen mit den Ämtern der Propheten, Evangelisten,
Hirten und Lehrern als einer der grundlegenden Dienste der Kirche bezeichnet.
In Hebräer 3,1
wird Jesus Christus selbst als der Apostel und Hohepriester unseres
Bekenntnisses bezeichnet.
In 2. Korinther
8,23 und in Philipper 2,25 ist von "Aposteln der Gemeinden" die Rede,
welche von den Gemeinden für eine bestimmte Aufgabe ausgesandt wurden.
Paulus betont in
seinen Briefen immer wieder, dass er - im Gegensatz zu den
"Gemeindeaposteln" und anderen Missionaren - direkt durch Christus
zum Apostel berufen worden sei (vgl. Galater 1,1 und 1. Korinther 9,1). Ein
Apostel ist für Paulus in erster Linie ein Verkünder des Evangeliums, der als
glaubwürdiger Zeuge der Auferstehung Christi für dessen Wahrheit bürgt (vgl. 1.
Korinther 15,1ff und Apostelgeschichte 22,15).
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